Eric Schildkraut überlebt
Eric Schildkraut wurde als Eric Schild geboren und lebte mit seiner Mutter Bella in Selm. Sein Vater war früh verstorben. Als talentierter Leichtathlet nahm er an Trainingskursen für die Olympischen Spiele 1936 teil. Seine Nominierung wurde, wie die aller anderen jüdisch-deutschen Sportler, kurz vor Beginn der Spiele zurückgezogen.
Doch Schildkraut war nicht nur Sportler, sondern auch Schauspieler. Auf seiner so spektakulären wie gefährlichen Flucht vor den Nationalsozialisten, die ihn durch mehrere europäische Länder trieb, fand er Unterschlupf bei befreundeten Sportlern. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst in Frankreich als Schauspieler, doch zog es ihn zurück nach Deutschland. Dort hatte er wechselnde Engagements, bis er in Hamburg am Thalia-Theater eine berufliche Heimat fand.
Nach dem Krieg änderte er seinen Namen in Schildkraut. Die Gründe für diesen Schritt sind unbekannt.

1933 – plötzlich ist alles anders
Eric Schildkraut war seinerzeit eines der wenigen jüdischen Kinder in Selm und erlebte schon in den 1920er Jahren Antisemitismus. Das mit Reichskanzler Hitler und der Nazi-Herrschaft alles anders werden würde, erlebten Eric und seine Mutter direkt 1933. Er berichtete: Seine Mutter Bella Schild hatte von Bekannten den Auftrag erhalten, eine Fahne zu nähen. Am nächsten Tag zogen eben jene Bekannte bei einem Fackelzug mit dieser Fahne vor dem Geschäft der Familie Schild vorbei und riefen „Juda verrecke“.
Flucht nach Belgien
Schon früh erkannte Eric, dass er in Deutschland nicht bleiben konnte. Er floh mit seiner Mutter nach Belgien. Während Bella Schild von der Gestapo aufgegriffen wurde, erreichte Eric das unbesetzte Frankreich. Dort arbeitete er als Leichtathletik-Trainer, blieb aber auch der Schauspielerei treu. Bella Schild wurde zurück nach Deutschland gebracht. Sie zog nach Dortmund, in der Hoffnung, in der Anonymität einer Großstadt weniger aufzufallen. Von ihrer Deportation und Ermordung erfuhr Eric Schild erst nach Kriegsende.

Zurück nach Deutschland
Nach dem Krieg blieb Eric Schildkraut zunächst in Frankreich. Doch dann zog es ihn – zum Unverständnis seiner französischen Freunde – zurück nach Deutschland. Es folgten Engagements an verschiedenen Theatern. Schildkraut gehörte zum ersten deutschen Ensemble, das in Dänemark auf Tournee ging. Auch nach dem Krieg erfuhr der Schauspieler immer wieder Antisemitismus: Hakenkreuze auf dem Garderobenspiegel oder geringere Gagen bis hin zu offenen Anfeindungen. Trotzdem blieb er in Deutschland.
Schildkraut war auch als Hörspielsprecher und Filmschauspieler aktiv und fand am Thalia-Theater in Hamburg eine neue berufliche Heimat. Dort blieb er von 1979 bis zu seinem Tod im Jahr 1999.
Quellen, Literatur und weiterführende Links
Cymontkowski, Doris: Juden in Selm, Bork, Cappenberg, Selm 1990.
Cymontkowski, Heinz: Art. Selm-Bork, in: Göttmann, Frank (Hg.): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften, Regierungsbezirk Arnsberg, Münster 2016, S. 723-730.
Lause, Beate (Hg.): Theaterleben. Schauspieler erzählen von Exil und Rückkehr, darin: Interview mit Erik Schildkraut, Frankfurt/M 1991, S. 9-34.
Pracht-Jörns, Elfi: Artikel Selm – Stadtteil Bork, in: dieselbe: Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Köln 2005, S. 650-657.
Amphitryon – Ein Lustspiel nach Molière (Hörspiel mit Erik Schildkraut)